Kategorie: Angeregte Dialoge
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Espresso – Sarah Kirsch
Sarah Kirschs Gedicht Espresso entfaltet in knapper, verdichteter Sprache ein Szenario der Rückkehr und des Erstaunens: Das lyrische Ich kommt nach längerer Abwesenheit an einen vertrauten Ort zurück – möglicherweise ein Zuhause – und stellt mit wachsender Irritation fest, dass scheinbar nichts vorbereitet ist. Alltägliche Dinge wie Zucker und Milch fehlen, was zunächst wie eine…
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Bodenlos – Sarah Kirsch
Der Gedichtband „Bodenlos“ versammelt Lyrik von Sarah Kirsch, die nach der Wiedervereinigung Deutschlands entstanden ist. Die Gedichte thematisieren auf oft fragmentarische und assoziative Weise die Veränderungen und Umbrüche dieser Zeit. Es finden sich Reflexionen über die Natur, die persönliche Befindlichkeit, Erinnerungen und Beobachtungen der gesellschaftlichen Realität. Einige wiederkehrende Motive und Themen: Natur: Landschaften, Jahreszeiten, Tiere…
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Wasserglaslesung
Ein Glas Wasser stehtzwischen mir und dem Satz.Ich trinke –die Worte versickern in der Kehle,bevor sie sich formen. Sprechen ist Ausatmen,Trinken: Rückkehr. Der Text will klar seinwie Wasser im Glas,doch der Rand bricht das Licht,und zwischen Lippen und Ohrverwischt Bedeutung. Ich sehe dichdurch die gewölbte Wand,du hörst michdurch den Dunst der Sprache. Wir trinken.Wir sprechen.Und…
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Die Geschichte von den drei Steinen (anders erzählt)
Diese kurze Geschichte ist ein tastender Gegenvorschlag. Wenn man den leisen Verlust am Ende von Peter Bichsels Erzählung umkehrt und stattdessen eine leise Bereicherung (klingt besser als Gewinn) imaginiert, ergibt sich eine alternative, aber im Geist verwandte Geschichte – sanft, zart, fast beiläufig, und dennoch mit existenzieller Tiefe. Ich versuche sie so zu erzählen, wie…
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Das sind ja nur drei Steine!
In Peter Bichsels Kurzgeschichte „Die Geschichte von den drei Steinen“ steht die Bedeutung sprachlicher Benennung im Zentrum. Ein Mann findet drei gewöhnliche Steine, hebt sie auf und gibt ihnen Namen: „Ich nannte den einen Herrn Babel, den zweiten Herrn Bohm und den dritten Herrn Buht.“ Durch die Namensgebung unterscheidet er sie voneinander und verleiht ihnen…
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Peter Bichsel – Die Geschichte von den drei Steinen
Ein Mann findet drei gewöhnliche Steine und beschließt, ihnen eigene Namen zu geben. Er nennt sie „Herr Babel, „Herr Bohm und „Herr Buht“. Für ihn sind diese Steine ab sofort nicht mehr bloß Steine, sondern Individuen mit bestimmten Eigenschaften, über die er nachdenkt, spricht und sich freut. Er zeigt sie auch einem Kind und bringt…
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Lithopoesie – Steine, die Geschichten erzählen
Steine sind keine stumme Zeugen der Zeit. Sie tragen Jahrtausende in ihren Adern, flüstern von vergangenen Welten und bergen Energien, die uns mit der Erde verbinden. In dieser Rubrik meines Literaturblogs möchte ich dem Konzept der Lithopoesie Leben einhauchen – einer Idee, die sich aus den griechischen Wörtern lithos (Stein) und poiesis (Dichtung) zusammensetzt. Hier…
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Besiegt sein ist mein Erbteil – oder?
My Portion is Defeat – today –A paler luck than Victory –Less Paeans – fewer Bells –The Drums dont follow Me –with tunes –Defeat – a +somewhat slower –means –More +Arduous than Balls – Tis populous with Boneand stain –And Men too straight to + stoop again –And Piles of solid Moan –And Chips of Blank…
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Körper als Archiv
In Annette Hagemanns „MEINE ERBSCHAFT IST DIESE“ offenbart sich der Körper als ein vielschichtiges Archiv, in dem die Spuren der Herkunft auf ebenso subtile wie prägnante Weise gespeichert sind. Vordergründig scheinen die Erbschaften des lyrischen Ichs in ihrer Konkretheit begrenzt: die spezifische „Form der Röte auf den Wangen“, ein genetisches Vermächtnis der Mutter, das den…
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Annette Hagemann – MEINE ERBSCHAFT IST DIESE
Annette Hagemanns Gedicht „MEINE ERBSCHAFT IST DIESE“ setzt sich behutsam mit dem ambivalenten Erbe familialer Prägung auseinander. Die scheinbar willkürlichen Relikte, die das lyrische Ich von den Eltern übernimmt – die spezifische Röte der Wangen der Mutter, eine deformierte Jazzplatte aus New York, ein unscheinbarer Koi des Vaters –, erscheinen zunächst als marginale Alltagsfragmente. Doch…
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Wäre ich ein Algorithmus, der eure Sehnsucht füttert…
/ Nach Paul Klee, für das 21. Jahrhundert Wäre ich ein Algorithmus, der eure Sehnsucht füttert,ich würde zitternd scrollen – so viele Bitten, so viel Zorn.„Lösch die Hasskommentare!“, „Zeig mir nur, was mich nicht stört!“Doch das Gute braucht den Streit, sonst wär’s ein ödes Like nach Schema. Ich könnte euch die Timeline fluten mit Fakten,…
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Wäre ich ein Polit-Unternehmer, der die Welt regiert…
/ Nach Paul Klee, für das Zeitalter der Public-Private-Power-Plays Wäre ich ein Polit-Unternehmer, der die Welt regiert,ich würde Milliardengewinne „nachhaltig“ verwalten –den Regenwald retten, aber nur als CO₂-Zertifikat,und Flüchtlingsboote stoppen … mit Drohnen, die mein Start-up baut. „Gemeinwohl“ wär mein Hashtag, doch der Deal macht mich zum Gott:Ich spreng‘ die Steuertöpfe, nenn‘s „Innovationsfonds“,und wenn die…